Ich wollte den Elefantenberg in Haiphong sehen und ging los. Mein Navi berechnete mir einen Fußmarsch von etwa drei Stunden. Die Sonne schien warm auf die vietnamesische Erde hernieder und ich verließ langsam die dicht befahrene staubige Straße. Dann ging ich durch ein Dorf, das am helllichten Tage zu schlafen Schien. Schmale Häuschen, meditierende Obstverkäufer, ein Friedhof. In der Ferne registrierte ich ein Feuerwerk. Was gefeiert wurde, weiß ich nicht. Hochzeit? Geburtstag? Ich malte es mir aus.






Als ich weiterging, landete ich mitten in einem Sumpfgebiet. Ob das wirklich ein Sumpf war, wage ich natürlich zu hinterfragen, aber für mich sah es ganz danach aus, als würden die vielen ledrigen Blätter und Pflanzen auf einer Wasseroberfläche ruhen. Es war ein schöner Anblick. Mitten im Grün ein kleines Schild aus Holz. Doch da der Fotoübersetzer bei Android der größte Unsinn ist, werde ich wohl eher nicht erfahren, was da drauf steht.

Haiphong: Ich komme an einem Fluss an
Nur wenige Schritte weiter ging es zum Fluss. Er erinnerte mich so wahnsinnig an das Heimatdorf meines Vaters. Es waren die gleichen naturbelassenen Gehwege – von tausend Füßen zerstampft. Es waren die gleichen Fischer am Ufer, nur eben nicht die gleichen. Frachtschiffe und Steine. Sonne, Staub und Schmetterlinge. Was anders war, waren all die Bäume und Pflanzen rings rum. Ich weiß nicht, wie ich sie beschreiben soll, wer aber einen Blick drauf würfe, würde sie mit Sicherheit als „asiatisch“ bezeichnen. Vorausgesetzt er ist ebenso botanisch unterbelichtet wie ich.







Ich ging und ging. Der Fluss schmunzelte mir entgegen. Die Bewohner der Häuser entlang des Ufers winkten mir zu – manche sogar mit Palmenblättern. Manchmal riefen sie etwas. Dann endete die Idylle. Mein Navi wollte mich über eine dicht befahrene Autobahnbrücke führen, die seitlich keine Gehwege hatte. So ein hohes Level an Verrücktheit habe ich gar nicht, um mich darauf eingelassen zu haben. Also versuchte ich den gefährlichen Weg auf eigene Faust zu umgehen. Ich ging und ging – meine Füße schmerzten. Immerhin hatte ich einen bösen Glassplitter in der Fußsohle stecken. Dann kam ich in einem Arbeitergebiet an, wie es schien.
Sackgasse: Wo bin ich denn hier wieder gelandet?
Dort sah ich junge Frauen in kleinen Häuschen, die hektisch, aber eingeübt etwas auf ihren Nähmaschinen nähten. Ich fragte mich, ob es das war, was ich dachte, was es war. Aber für einen Sweatshop kam mir das ganze viel zu privat vor. Ich weiß nicht, was ich da gesehen habe. Als ich weiterging, kam ich an einem Tor an. Personenkontrolle. Ich blickte auf mein Handynavi – auf den uniformierten Wärter – auf mein Handynavi – auf die Leute, die die Personenkontrolle passieren und wieder auf den uniformierten Wärter.
Dann zeigte ich in die Richtung, in die ich wollte und blickte ihn fragend an. Er lehnte ab und zeigte auf seine Hose. Sie war lang. Ok. Meine war kurz. Ich werde wohl nie erfahren, ob er mich wegen meiner kurzen Hose nicht reinließ, ob er mich als dumme Hose bezeichnete, oder ob er mich lediglich darauf aufmerksam machte, dass ich versuche, mir Zugang auf das Gelände einer Hosenfabrik zu verschaffen.
Was nun?
Umkehren. Jetzt schon war ich müde und hungrig, obwohl ich noch gute 1h 40 Fußmarsch vor mir hatte. Es schien so, als wäre der einzige Weg auf die andere Seite des Flusses die dicht befahrene Autobahnbrücke. Langsam sah ich ein, dass ich ein Taxi brauchte. Wo um alles in der Welt sollte ich jetzt nur eines herkriegen? Ich suchte ein Restaurant, um meine Gedanken zu sammeln. Ich fand keins. Nur Karaoke-Bars, in denen gerade aus ganzem Herzen vietnamesische Lieder gesungen wurden. Ruhige Wohngebiete, grasende Kühe und Ziegen – kein Mensch weit und breit. Ich atmete tief durch. Dann fand ich einen Kiosk und holte mir Wasser und einen kleinen Snack. Die Besitzerin war, wie praktisch alle Menschen in Vietnam, herzlich nett und holte ihre Kinder, um mich ihnen zu zeigen. Die Kinder sagten mir, ich sei „beautiful“.
Allein in Haiphong: Ein schwarzer Wagen hält vor mir an
Dann schlenderte ich planlos durch die Straßen, bis mir ein schwarzer Wagen in Hochglanz den Weg kreuzte und staubaufwirbelnd abbremste. Der etwa 45-jährige Fahrer mit einem gepflegten, schmalen Schnauzbart stieg aus und forderte mich wohl dazu auf, hinten einzusteigen. Ich fragte: „Taxi?“ Er nickte. Ich hakte skeptisch nach: „Ja?“ Er nickte. Mit meinem ach-was-solls-Gedanken stieg ich ein und zeigte ihm meine Zieladresse. Zu meinem Glück holte er den Taxometer raus.
All zu lange fuhren wir nicht. Der Weg war schön – ein etwas ländlicherer Teil von Haiphong. Als wir mitten auf einer abgelegenen, jedoch befahrenen Straße anhielten, stellte ich fest, dass Trip Advisor mich hintergangen hatte. Zwar existierte dieser Ort grob gesehen, die Bilder dazu, sowie auch die angegebene Adresse passten aber nicht. Schhhh…weinerei. Ich bezahlte und ging zu Fuß weiter.
Schreibe einen Kommentar